Wir gehen auf das 500-jährige Jubiläum der Reformation zu, und die Reformation ist ohne die Musik undenkbar. Auf dem Weg zum Reformationsjubiläum ist deswegen ein Jahr besonders der Musik gewidmet, und das ist dieses Jahr 2012.
Das war ein Anlass für diesen Regionalposaunentag, für dieses Fest, das wir heute feiern. Wunderbar, dass so viele gekommen sind, 350 Bläserinnen und Bläser samt den Jungbläsern aus sieben Dekanaten und Kirchengemeinden, die gemeinsam mit uns allen musizieren und feiern. Toll, dass die ganze Stadt Leutershausen und das ganze Dekanat dabei sind! Heute früh schon das Morgenblasen, dann das gemeinsame Proben, parallel dazu "Prisma-Live", "Sonntagskinder" und "Orgelmusik" in der Kirche, und jetzt als Höhepunkt der gemeinsame Gottesdienst!
Als Martin Luther das Evangelium wieder entdeckt hatte, da haben die Leute seine Lieder auf der Straße gesungen und gepfiffen, nach dem Motto: "Wes das Herz voll ist, dem geht der Mund über." Heute erleben wir das besonders durch unsere Posaunenchöre, und darum soll dieses Fest ein Dank an sie sein.
Was macht man da eigentlich, wenn man im Posaunenchor spielt? Im neuesten Leutershäuser Gemeindebrief steht es, da haben Chorleiter, Obfrauen und Obmänner etwas dazu geschrieben. Wenn ich das zusammenfasse, was Erich Hessenauer und Hermann Kalb, Friedrich Raab, Christine Eberlein, Karin Kapp, Klaus Hanek und Stefan Wirth geschrieben haben, dann kann ich es am besten so sagen:
Man spielt im Posaunenchor
weil's Spaß macht und man eine schöne Gemeinschaft erlebt;
weil man Menschen eine Freude machen will;
man spielt zur Ehre Gottes und weil man die beste Nachricht der Welt weitergeben will.
Ja, im Posaunenchor spielen macht Spaß, bringt Gemeinschaft, macht einen selber froh, und ist etwas enorm Geistliches. Je nach dem, in welchem Alter und in welcher Situation man sich befindet, liegt der Akzent vielleicht stärker bei dem einen oder dem anderen, und jedes hat sein Recht. Aber weil wir auf dem Weg zum Reformationsjubiläum sind, möchte ich auf zwei Aspekte noch ein bisschen näher eingehen:
Einmal: Was kann das Mitmusizieren für den einzelnen Bläser und seinen Glauben bedeuten?
Zum andern: Was bedeutet es für die Verkündigung unserer Kirche?
Zum ersten: Wenn ich richtig Musik mache, dann spiele ich meinen Dank, meine Freude, vielleicht auch meinen Schmerz über mich hinaus, auf einen andern zu. Dann komme ich aus mir heraus, dann überschreite, dann transzendiere ich mich. Und dann kann die Musik zum Gebet werden.
Wir Menschen neigen ja dazu, uns sehr mit uns selber zu beschäftigen. Da macht uns etwas Sorge, und wir kreisen darum, immer wieder beschäftigt es uns, droht unsere Kraft zu lähmen und die Lebensfreude zu nehmen.
Im Gebet kann ich das Gott hinhalten, was mich so beschäftigt und sagen: Schau, Gott, das macht mir solche Sorgen:
Mein Kind z.B., was soll aus ihm werden, wird es einen guten Weg gehen. Gott, schau Du mit drauf, und gib mir gute Gedanken und zeig mir, wie ich's richtig mache.
Oder: Wie wird es in der Wirtschaft weitergehen? Werden wir einen guten Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie finden?
Oder die Sorge um die Zukunft dieser Erde, die so bedroht ist. So sehr beherrscht sie manche Menschen, dass sie sagen: "Da kann man doch keine Kinder mehr in die Welt setzen!"
Aber ich kann die Sorge Gott hinhalten und sie abgeben. Ich trete in Beziehung und weiß: Gott wird helfen, dass nicht alle Türen zum Guten verschlossen sind. Und kann mein Teil dazu beitragen, dass diese Erde auch noch für meine Enkelkinder schön und lebenswert bleibt.
Das gilt übrigens auch, wenn ich glücklich bin. In einem afrikanischen Gebet heißt es: "Herr, ich werfe meine Freude wie Vögel an den Himmel. Die Nacht ist verflattert. Ein neuer Tag von deiner Güte. Herr, wir danken dir. Ein neuer Tag, von deiner Güte, Herr, wir danken dir!"
Und so, wie ich bete, kann ich – wie schon gesagt – auch musizieren. Kann ich Dank und Sorge, Lust und Frust hinausblasen, auf Gott zu. Zusammen mit den anderen. Da wird die Musik wirklich zum Gebet. Da betet Ihr musikalisch. Und kommt aus Euch heraus, zu Gott. Und weil in der Verbindung zu Gott das Leben, der Quelle des Lebens, liegt, wird auf diese Weise das Leben schöner und reicher.
Wenn ihr so musiziert, dann nehmt Ihr die Zuhörer in dieses musizierte Gebet mit hinein, und sie können im Herzen mit einstimmen. Das wünsche ich Euch: Dass Ihr mit Eurem Posaunenchor selber immer wieder aus Euch heraus und zu Gott kommt, und viele Menschen durch Eure Musik mit in diese Bewegung des Glaubens hineinnehmt, und dass Ihr dabei viel Freude und Erfüllung findet.
Zum anderen: Was bedeutet Euer Musizieren für die Verkündigung der Kirche? Mit eurem Musizieren unterstreicht ihr das, was die Kirche zu verkündigen hat, und verkündigt selber mit. Und der Kern der Botschaft, die große Wiederentdeckung der Reformation. lautet:
"Ich bin Gott Recht, mein Leben hat seinen tiefen Sinn, nicht weil ich so fit, so gescheit, so sexy, so stark oder sonst etwas bin, sondern weil der ewige Grund der Welt, weil Gott, mich mag und sagt: Ich bin glücklich, dass es dich gibt!"
Da hat sich ein junger Mensch ein ganz hohes Ziel gesteckt, möchte der beste sein, die Eltern überflügeln, stresst sich hinein, er möchte sich quasi selbst erschaffen. Aber er packt es nicht, es ist zu viel, er wird krank, depressiv. Und da hört er diese befreiende Botschaft: "Du bist doch wer, du bist doch mein geliebtes Kind. Du musst dich nicht ständig überfordern, du darfst Leben, auch mit deinen Grenzen." Jesus hat uns das gesagt und vorgelebt, und hat das durchgezogen und mit seinem Leben dafür gezahlt, und deswegen wissen wir: Es stimmt. Und der junge Mensch hört es, und muss sich nicht länger überfordern, wird ein zufriedener und dankbarer Mensch.
Diese Botschaft von der Liebe und Gnade Gottes sagen wir mit alten und neuen Worten, mit alten und neuen Rhythmen und Melodien.
In unserer Zeit sind die Worte inflationär geworden, viele Menschen hören sie gar nicht mehr recht. Aber die Musik rührt ihr Herz an. Das feierliche Spiel der Posaunen zeigt ihnen: Da gibt es noch mehr als alle die alltäglichen Dinge, da gibt es einen, der unser Leben trägt, der ihm ein Ziel gibt. Da bekommt unsere Freude und unsere Trauer eine Melodie, da verbindet sich der Dank am Geburtstag mit dem "Lobe den Herren" und die Trauer am Grab mit dem "Jesus lebt, mit ihm auch ich; Tod, wo sind nun deine Schrecken". Und die Gewissheit des Glaubens senkt sich tief ins Herz.
"Spielt dem Herrn in euren Herzen!" Wenn die frohe Botschaft, die uns trägt im Leben und im Tod, unser Herz erfüllt, dann will sie heraus. Deswegen singen und spielen wir in den Gottesdiensten, aber auch auf den Straßen und Plätzen und bei vielen Gelegenheiten, bei schönen und traurigen. Wir singen und spielen in einer frohen Gemeinschaft: junge und alte und mittendrin, die Generationen übergreifend, eine Generation gibt der anderen die Stafette weiter.
Darum sage ich zum Schluss:
Gott-sei-Dank für unsere Posaunenchöre, für jede und jeden einzelnen, der mit musiziert! Und Danke an Euch, an jede und jeden persönlich. Und: Gott segne auch in Zukunft den Dienst unsere Chöre, und segne jede einzelne Bläserin und jeden einzelnen Bläser!
Amen.