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ESSEN UND TRINKEN IN BIBLISCHER ZEIT
Wie aß und trank man in biblischer Zeit? Meistens stand einfach eine Schüssel in der Mitte, man nahm sich daraus mit den Fingern oder mit einem Stückchen Brot. Gut gegessen wurde besonders bei Festen und feierlichen Anlässen wie Hochzeiten, am siegreichen Ende einer kriegerischen Auseinandersetzung, oder zum gemeinsa- men Mahl nach der Bestattung eines Toten. Bei feine- ren Leuten gab es hier und da auch Tisch-Musik. Jesaja schreibt von »Harfen, Zithern, Pauken, Pfeifen und Wein bei ihren Gelagen«, warnt aber davor, über all dem »das Werk des HERRN« und »das Tun seiner Hände« zu verges- sen (Jes 5,12).
Im alten Israel aß man vegetarisch
Auf dem Speiseplan standen zum Beispiel: Weizen, Gerste, über dem Feuer geröstete Getreidekörner, Hirse, Linsen, Grütze, Bohnen, Knoblauch, Zwiebeln, Lauch, Gurken, Kapern, Feigen, Datteln, Nüsse, Pistazien, Mandeln, Rosinen, Granatäpfel, Oliven, Trauben, Honig, Fruchtsirup, Butter, Käse, Dickmilch, Quark, Öl, Salz, Koriander, Safran, Zimt, und neben einfachen Kuchen natürlich Brot, hergestellt mit oder ohne Sauerteig. Fleisch gab es seltener. Fleischlos zu essen erschien den Menschen schöpfungsgemäßer. Wenn aber Speisen aus getöteten Tieren gewonnen wurden, dann kamen sie von der Gazelle, vom Damhirsch, vom Steinbock, vom Schaf, von der Ziege, vom Rind, oder es gab Geflügel, und na- türlich auch Fisch. Schweinefleisch war steng verboten, wenngleich sich wohl nicht jeder immer genauestens an dieses Verbot hielt.
Man trank zumeist Wasser, oder es gab Kuh-, Schafs- und Ziegenmilch, hier und auch schon mal Wein und Bier und Most.
Vertrauensvolle Tischgemeinschaft
Gerade das gemeinsame Essen bedeutete viel. Man lud einander gern zu Tisch. Das trug dazu bei, miteinander in Frieden zu leben, Harmonie und gegenseitiges Vertrauen zu schaffen.
Wo ein Mensch nicht aß, weil er trauerte, voller Angst war, einen schweren Kummer mit sich herumschleppte und ihm darüber der Appetit verging, da machte man sich Sorgen um ihn. Denn »Essen hält Leib und Seele zusammen« – das wusste man auch damals schon.
Gottesgaben
Gastfreundschaft – auch völlig Fremden gegenüber – war eine heilige Pflicht, ebenso Arme, Witwen, Waisen und Hungernde mit Speisen zu versorgen. Alle Speisen galten als eine Gabe Gottes. Gerne schenkte bzw. »op- ferte« man umgekehrt auch Gott gute, wohlriechende Speisen, seien sie aus Pflanzen oder dafür getöteten Tieren gewonnen. Das kostbare Blut, das dann floß, betrachtete man als den sichtbaren Teil des Geheimnisses allen Lebens.
Wenn wir heute beim Abendmahl die Worte hören: »Christi Blut, für dich vergossen«, spüren wir etwas von diesem unendlich kostbaren Geheimnis. Die Tischgemein- schaft um den Altar spiegelt vielfach wieder, was Essen und Trinken bedeutet: Gott schenkt sich uns mit seinen Gaben, schafft tiefen Frieden in und unter uns, gibt neue Kraft. Zu unserem Leben als Christen gehört gerade auch das sakramentale Essen und Trinken. Es rückt uns in die Mitte des Lebens und lässt uns dem nahe sein, der selber das Leben ist: Jesus Christus.
Rainer Schulz
Leutershausen
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Bezau (Vorarlberg) Pfarrkirche St. Jodok: Fresko (1925) mit Speisung der 5000 von Ludwig Glötzle.